Dienstag der 20. Juni 2017: heute ist Wallis das Ziel. Die Thermikprognose ist zwar nicht mehr so gut wie noch am Sonntag prognostiziert, aber immer noch einigermassen gut.
Schalk, Sprint und ich machten schon die Flieger bereit. Um 10.30 sind dann auch Gregi, unser Schlepppilot, und Zoom eingetroffen. So konnten Zoom und ich pünktlich um 11.00 Uhr mit dem Duo starten. Die Steigleistung im Schlepp wie auch die anschliessende Thermik auf dem Jänzi waren eher gering. Mit schwacher Thermik aber mit einer Basis zwischen 2100 und 2300 m sind wir Richtung Niederhorn geflogen.
Zwischenzeitlich war auch Schalk beim Hohgant am Kurbeln. Das sah richtig cool aus. Aus dem Flieger ein anderes Segelflugzeug zu beobachten ist immer wieder sehr eindrücklich, weil man so die Relativbewegungen gegenüber dem Grund im Zusammenspiel mit dem Wind beobachten kann.
Schliesslich sind wir vom Niederhorn mit 2400 m Richtung Stockhorn geflogen wo wir mit 1900 m angekommen sind. Wunderschöne Aussicht beim Stockhorn während Zoom nahe am Hang entlang geflogen ist. Das Berner Oberland war ebenfalls eher zäh. Weiträumig fanden wir dann doch einige Schläuche, welche bis auf 3000 m ausgeflogen werden konnten. So sind wir fast bis zum Col des Mosses geflogen. Die Landschaft im Berner Oberland ist wirklich märchenhaft schön.
Am Funk hörte man widersprüchliche Kommentare zum Thema Thermik im Wallis. Unser Ziel war es auf 3000 m zu steigen und ab Richtung Wallis, was uns nach einiger Zeit auch gelang. Wir sind dann über den Rawilpass ins Wallis. Aber auch hier war es am Anfang schwierig, bis wir endlich auf etwa 2550 m beim Niwen, Eingangs Lötschental, einen Schlauch fanden.
Ab hier hat es angefangen richtig Spass zu machen. Die Thermik war zum Teil sehr stark, aber auch sehr turbulent, weiter gab es ebenso starkes Sinken – sehr eindrücklich. Zoom erklärte mir, dass das typisch ist, für das Segelfliegen in den Hochalpen. Auch die Landschaft ist im Vergleich zu den grünen Voralpen sehr rau.
Vom Gärsthorn konnte ich schon den Aletschgletscher erblicken. Da realisierte ich: Jetzt bin ich in meiner Heimat angekommen. Auf der Fiescheralp und in Bellwald hatten wir, wie erwartet, ausgezeichnete Thermik bis über 3400 m. Es ist schon etwas Besonderes, wenn man zum ersten Mal eine bekannte Gegend von oben betrachten kann – sehr interessant! Besonders schön war der Anblick des Finsteraahorns, dem Berg, welchen ich immer aus meinem Kinderzimmer in Ernen erblickte.
Nach einer Fotosession ging es dann weiter Richtung Obergoms nach Münster, wo wir einige Zeit verblieben, was mir erlaubte die Langlaufstrecke im Goms zu studieren. Von der Höhe sieht immer alles so flach aus, ich kann die Anstrengungen im Winter gar nicht nachvollziehen…
So viele Eindrücke! Im Grimsel Gebiet die grünen Stauseen eingebettet in dieser rauen Felslandschaft, geschmückt von den weiss glitzernden Schneefeldern. Und plötzlich fliegt ein schwarzer Hunter unter uns – ja richtig unter uns – in Richtung Finsteraahorn. Wow, das hätte ein cooles Bild gegeben.
Auf der gegenüberliegenden Seite sah ich den Erner Galen. Dort habe ich als Kind im Sommer auf der Alp immer die Rinder gehütet. Dabei habe ich oft die Segelflieger, welche von Münster aus gestartet sind, beobachtet. Hätte mir nie erträumen lassen, dass ich eines Tages ebenfalls da oben im Segelflugzeug kreisen werde, unglaublich!
Nach all diesen Eindrücken haben wir uns dann entschieden über den Grimsel Richtung Meiringen nach Hause zu fliegen. So meldeten wir uns beim Tower Meiringen an und fragten nach einer Freigabe um die TMA in 10 Minuten zu durchqueren. Die Antwort kam auch prompt. „Station calling: negative, stay out of TMA!“ Auf die Nachfrage, um welche Zeit Meiringen schliessen wird, gab es dann nur ein prägnantes „Stay out of TMA!“ zur Antwort. Was machen wir jetzt? Nach einigem Überlegen, war schliesslich klar, dass wir auf gleichem Weg zurück fliegen müssen.
Jetzt hat Zoom gezeigt, wie Segelfliegen geht: Thermik schnell und präzise auskurbeln, zum nächsten Schlauch fräsen, wieder Thermikschlauch kurzerhand bis auf 3500 auskurbeln, kurz überlegen, entscheiden, dass man mit dieser Höhe zuerst über den Lötschenalppass, dann unterhalb der TMA Meiringen zum Niederhorn fliegen kann. Also weiter über den Lötschenalppass und gemäss MacCready Geschwindigkeit zum Niederhorn fliegen und mit 2200m ankommen. Anschliessend beim Niederhorn noch einmal schnell Höhe machen, dann dem Copiloten das Kommando übergeben, zurücklehnen und den weitern Flug geniessen. So geht das!
Ich durfte mich an der super Abendthermik üben und erfreuen. So flogen wir Richtung Melchtal, Brisen, über den Urnersee bis zum Chaiserstock beim Klausenpass und wieder zurück zum Glaubenberg.
Jetzt wurde Zoom langsam nervös, da heute Abend SGOW Vorstandssitzung anstand und Zoom für das Nachtessen verantwortlich war. Aber als ich am Glaubenberg noch einmal auf 2900 m steigen konnte, brachte es Zoom zum Glück es nicht übers Herz den Flug vorzeitig zu beenden. „ Zum Glück habe ich heute morgen schon alles vorbereitet, so sollte ein Fräs Richtung Brienzer Rothorn und sofort zurück nach Hause noch drin liegen“, meinte Zoom berechnend. Also Richtung Rothorn und Retour.
Irgendetwas stimmte heute mit dem Duo nicht: der sinkt einfach so schlecht: statt runter Richtung Erde ging es beim Jänzi Richtung Himmel. Einfach so, rauf auf 2800 m ohne etwas dazu zu tun. „Ja wenn das so ist, was machen wir jetzt? Also, noch schnell Richtung Rigi, aber jetzt müssen wir Gas geben!“ So sind wir mit über 200 km/h Richtung Rigi und zurück gerauscht. Wow das macht Spass!
Schliesslich sind wir dann doch noch gelandet, wo der versammelte Vorstand uns hungrig empfangen hat. Zoom ist natürlich sofort in die Küche gerannt. Schalk, welcher heute den längsten Flug in seiner Karriere machte (über 8 Stunden), und wir anderen haben die Flieger geputzt und versorgt. Das natürlich mit einem unaufhörlichen Grinsen, welches noch lange anhielt.
440 km und 8.6 Stunden: Die Saison ist gerettet! Danke Zoom fürs Mitnehmen! Danke Gregi für den Schleppdienst! Danke Sprint, Schalk und Toni für die Hilfe! Danke dem Vorstand für die abendliche Geduld 😉
Danke für den tollen Beitrag. Der Vorstand hatte volles Verständis und euch an diesem Abend von eurer Begeisterung anstecken lassen.
PS: Am Mittwoch war der Controller in Meiringen ganz nett und hat mich 2x queren lassen.
Super Bericht Pascal, vielen Dank! 😊👍🏻
Man wird richtiggehend „mitgenommen“ auf den Flug (gerade auch bei der Problematik Meiringen… diese kann ich mir nur damit erklären, dass der Controller entweder die Stimme der Station calling wiedererkannt, oder dass Letztere ein Crossing Interlaken verlangt hat 😂)